Müssen Rentner trotz Versorgungsausgleichs Unterhalt zahlen?

Wann Sie das müssen, wann nicht

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Freitag, 05.01.2024 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Wurde aus Anlass Ihrer Scheidung der Versorgungsausgleich durchgeführt, erscheint es vielleicht überzogen, wenn Sie dem Ex-Partner zusätzlich auch noch nachehelichen Unterhalt zahlen müssen. Wir erklären, welcher Zusammenhang zwischen Versorgungsausgleich und Unterhalt besteht und welche Rolle der Altersvorsorgeunterhalt spielt. Möchten Sie rechtssicher klären, ob Sie wirklich Unterhalt zahlen müssen (oder entgegen der aktuellen Situation doch bekommen müssen), beantragen Sie gerne bei uns Ihre Unterhaltsberechnung!

Hat der Versorgungsausgleich etwas mit Unterhalt zu tun?

Wird Ihre Ehe geschieden, führt das Familiengericht im Regelfall aus Anlass der Scheidung den Versorgungsausgleich durch. Danach werden die Rentenanwartschaften, die Sie und Ihr Ehepartner während der Ehe erworben haben, untereinander aufgeteilt. Derjenige Partner, der keine oder geringere Rentenanwartschaften erworben hat, erhält dadurch eine zusätzliche Existenzsicherung, wenn er/sie das Renteneintrittsalter erreicht.

 

Der Versorgungsausgleich hat aber nichts direkt mit dem Unterhalt zu tun. Der Versorgungsausgleich dient der Altersvorsorge, während der Unterhalt den laufenden Lebensbedarf abdeckt. Wurde also der Versorgungsausgleich durchgeführt, kann es sein, dass der finanziell bedürftige Partner trotzdem noch Anspruch auf Ehegattenunterhalt nach der Scheidung hat. Umgekehrt könnten Sie sich in der gleichen Situation befinden. Sind Sie aufgrund Ihrer Lebensumstände nach der Scheidung finanziell bedürftig, hätten Sie trotz des durchgeführten Versorgungsausgleichs genauso Anspruch auf Unterhalt.

Wann ist nach der Scheidung Ehegattenunterhalt zu zahlen?

Ab der Scheidung ist dem Grundsatz nach jeder Ehepartner selbst für seinen Lebensunterhalt verantwortlich. So ist der Regelfall. Der Ex-Partner kann nur dann nachehelichen Unterhalt nach der Scheidung verlangen, wenn er/sie selbst aufgrund der Lebenssituation aus ehebedingten Gründen unterhaltsbedürftig ist. Lässt sich keine derartige Bedürftigkeit begründen, besteht auch kein Unterhaltsanspruch.

Praxisbeispiel

Altersvorsorge ja – Aufwendungen für neues Kind nein

Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass einem Ehepartner nach dem Renteneintritt des unterhaltspflichtigen Partners auch weiterhin Unterhalt zusteht, wenn er/sie aufgrund der Ehe nicht ausreichend für das Alter vorsorgen konnte. Ist die Bedürftigkeit jedoch dadurch eingetreten, dass der Partner nach der Trennung wieder arbeitete und nur wegen eines außerehelichen Kindes die nach der Trennung aufgenommene Erwerbstätigkeit wieder aufgegeben hatte, liegt kein durch die Ehe begründeter Nachteil vor.

Ist nach Rentenbeginn weiterhin Kindesunterhalt zu zahlen?

Sind Sie gegenüber einem minderjährigen oder einem volljährigen privilegierten Kind (zu Hause bei einem Elternteil lebend und in der Schul- oder Berufsausbildung befindlich) unterhaltspflichtig, müssen Sie auch nach Renteneintritt Kindesunterhalt zahlen. Ihr Renteneintritt ändert nichts daran, dass das Kind unterhaltsbedürftig ist. Sollten Sie wegen Ihres Selbstbehalts (1.200 € per 1.1.2024) keinen Unterhalt mehr zahlen, wohl aber noch arbeiten können, bleiben Sie verpflichtet, alles zu tun, um den Unterhaltsanspruch des Kindes sicherzustellen. Unter Umständen kann Ihnen ein fiktives, also theoretisch erzielbares Einkommen zur Berechnung des Kindesunterhalts zugerechnet werden.

 

Werden Sie Rentner, hat der Renteneintritt dennoch Auswirkungen auf die Höhe des Kindesunterhalts. Verringert sich Ihr Einkommen infolge der geringeren Rentenzahlung, verringert sich nach der Düsseldorfer Tabelle auch der Anspruch des Kindes auf Kindesunterhalt. Sie werden dann in eine niedrigere Einkommensgruppe eingestuft.

Hat die Rente Einfluss auf den Ehegattenunterhalt?

Haben Sie das Renteneintrittsalter erreicht, haben Sie Anspruch auf die Altersrente. Wurde vorher der Versorgungsausgleich durchgeführt, fällt Ihre Altersrente wahrscheinlich geringer aus, als wenn der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt worden wäre. Sind Sie dem Ex-Partner unterhaltspflichtig, bestimmt sich die Höhe des Unterhalts nach Ihrem Einkommen. Auch Ihre Rente zählt als Einkommen.

 

Der Umstand, dass Sie Rente beziehen, ändert nichts an Ihrer Unterhaltspflicht und am Unterhaltsanspruch des unterhaltsberechtigten Ex-Partners. Die Rente beeinflusst den Unterhalt aber insoweit, als sich auch der Unterhalt in der Höhe reduziert, wenn Ihre Rente geringer ist als das Einkommen, dass Sie vor der Rente erzielt haben. Reicht Ihre Rente wegen des Selbstbehalts nicht aus, um Unterhalt zahlen zu können, sind Sie anders als beim Kindesunterhalt nicht verpflichtet, sich beruflich zusätzlich zu engagieren. Die Anrechnung eines theoretisch erzielbaren, fiktiven Einkommens kommt insoweit nicht in Betracht.

Wie berechnet sich der nacheheliche Unterhalt bei Rentnern?

Renten und Pensionen werden wie Einkommen behandelt. Es macht keinen Unterschied, ob die Rente als Altersrente, Frührente oder Erwerbsminderungsrente gezahlt wird. Sofern Sie bereits vor Eintritt ins Rentenalter Unterhalt gezahlt haben, ändert sich die Höhe des Unterhalts insoweit, als der Unterhalt an die wahrscheinlich durch den Rentenbezug verminderten Einkommensverhältnisse angepasst wird.

 

Außerdem entfällt der Erwerbstätigenbonus von 1/10, der dem unterhaltspflichtigen Ehepartner zukommt, wenn und solange er/sie Erwerbseinkommen erzielt und daraus Unterhalt bezahlt. Der Erwerbstätigenbonus hat den Zweck, den erwerbstätigen Partner zu motivieren, eigenes Geld zu verdienen. Mit der Rente verliert der Erwerbstätigenbonus seinen Zweck.

 

Umgekehrt zählt die Rente auf Seiten des unterhaltsberechtigten Ex-Partners als Einkommen, wenn die Rente aus Anlass der Scheidung im Wege des Versorgungsausgleichs erworben wurde (BGH FamRZ 2003, 851). Die durch den Versorgungsausgleich erworbene Rente reduziert den Anspruch auf Unterhalt.

Nur die „bereinigte“ Rente zählt als Einkommen

Bei der Berechnung der Höhe des Unterhalts zählt nicht Ihre Bruttorente. Vielmehr ist die Rente um gewisse Verbindlichkeiten vorab zu bereinigen. Dabei sind zu berücksichtigen:

  • die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung,
  • Steuern,
  • Zahlungen für den Kindesunterhalt eines gemeinsamen Kindes
  • oder im Interesse beider Ehepartner begründete Verbindlichkeiten.

Daraus ergibt sich die unterhaltsrelevante bereinigte Rente. Diese ist Grundlage zur Berechnung des Unterhalts.

Was ist, wenn der Ex-Partner selbst Rente bezieht?

Bezieht der unterhaltsberechtigte Ex-Partner selbst Rente, gilt auf dessen Seite die Rente gleichfalls als Einkommen und ist auf den Unterhalt anzurechnen. Die Höhe des Unterhalts reduziert sich also um die Rente des an sich unterhaltsberechtigten Ex-Partners. Der Partner ist insoweit nur noch eingeschränkt unterhaltsbedürftig.

Auch als Rentner haben Sie Anspruch auf Selbstbehalt

Nur soweit Sie ohne Gefährdung Ihres eigenen Lebensbedarfs in der Lage sind, Unterhaltszahlungen zu leisten, stehen Sie in der Unterhaltspflicht. Um Ihren Lebensbedarf zu gewährleisten, haben Sie Anspruch auf einen Selbstbehalt. Selbstbehalt ist derjenige Betrag, der auf jeden Fall verbleiben muss, um den eigenen Lebensunterhalt zu sicherzustellen. Dabei sind folgende Details interessant:

  • Der Selbstbehalt beträgt bei erwerbspflichtigen Personen 1.450 € und bei nicht erwerbstätigen Personen 1.200 € (Stand 1.1.2024).
  • Da Sie als Rentner nicht mehr erwerbstätig sind, beträgt der Selbstbehalt 1.200 €. Beziehen Sie beispielsweise 1.190 € Rente, brauchen Sie keinen Unterhalt zu zahlen. Ihre Rente liegt unter dem Selbstbehalt.
  • In diesem Selbstbehalt sind bis 520 € Warmmiete enthalten. Zahlen Sie eine höhere Miete, bleibt der über 520 hinausgehende Betrag unberücksichtigt. Ausnahmsweise kann der Selbstbehalt über den Betrag von 520 € hinaus erhöht werden, wenn Ihre Warmmiete 520 € übersteigt und diese nicht unangemessen ist. Um den Selbstbehalt zu erhöhen, müssten Sie beim Familiengericht mit der passenden Begründung einen Antrag stellen.

Sind Sie über Ihre Rente hinaus erwerbstätig und verdienen eigenes Geld, ist der Verdienst neben der Rente als Einkommen zu berücksichtigen. Ihr gesamtes Einkommen ist dann Grundlage zur Berechnung des Unterhalts. Neuerdings dürfen Sie auch nach Eintritt ins reguläre Renteneintrittsalter neben der Rente unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass der Verdienst auf die Rente angerechnet wird. Da Sie dann über die Rente hinaus ein höheres Einkommen erzielen, wirkt sich das erhöhte Einkommen auch auf die Unterhaltspflicht aus. Im Hinblick auf das Einkommen wäre wiederum 1/10 Erwerbstätigenbonus zu Ihren Gunsten zu berücksichtigen.

 

Als Rentner sind Sie an sich nicht mehr erwerbspflichtig. Insoweit bestehen gute Gründe, eventuelle Einkünfte als überobligatorische Einkünfte zu bewerten. Der Ex-Partner oder das unterhaltsberechtigte Kind sollen nicht davon profitieren, dass Sie sich trotz Ihres Alters noch abmühen und zusätzliches Geld verdienen. Letztlich kommt es darauf an, in welchem Umfang das aus einer überobligatorischen Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen nach Billigkeitserwägungen für den Unterhalt einzusetzen ist (BGH FamRZ 2011, 454). Sollte Ihr Einkommen unterhaltsrechtlich relevant sein, dürfen Sie in Bezug auf dieses Einkommen mindestens berufsbedingte Aufwendungen und einen Erwerbstätigenbonus einkommensmindernd berücksichtigen.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen Altersvorsorgeunterhalt und Versorgungsausgleich?

Sind Sie dem Ex-Partner unterhaltspflichtig, beinhaltet der Ehegattenunterhalt nach der Scheidung den Elementarunterhalt für den täglichen Lebensbedarf und darüber hinaus den Altersvorsorgeunterhalt für die Vorsorge im Alter. Danach sind Sie verpflichtet, dem unterhaltsberechtigten Ex-Partner die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit zu zahlen. Der Anspruch entsteht in dem Augenblick, in dem der Scheidungsantrag dem Partner zugestellt wird. Bis zur Zustellung des Scheidungsantrags ist der Partner im Rahmen des Versorgungsausgleichs an Ihrer Altersvorsorge beteiligt.

 

Der Zusammenhang zwischen Altersvorsorgeunterhalt und Versorgungsausgleich besteht also darin, dass der Versorgungsausgleich nur bis zu dem Stichtag berechnet wird, an dem der Scheidungsantrag dem Partner zugestellt wird und ab diesem Zeitpunkt der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt entsteht.

 

Die Zahlungen für den Altersvorsorgeunterhalt sind zweckgebunden. Der Partner muss das Geld für die Altersvorsorge verwenden und die ordnungsgemäße Verwendung auch nachweisen. Dabei kann der Partner frei wählen, ob er/sie die Unterhaltszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung oder in eine private Lebens- oder Rentenversicherung einzahlt oder anderweitig Altersvorsorge betreibt.

 

Der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt endet in dem Zeitpunkt, in dem der unterhaltsberechtigte Ex-Partner das Renteneintrittsalter erreicht. Ab diesem Zeitpunkt hat der dann rentenberechtigte Ex-Partner Anspruch auf die mit dem Altersvorsorgeunterhalt begründete Rente. Außerdem hat er/sie Anspruch auf die Rente, die sich aus der Übertragung der Rentenanwartschaften aus dem Versorgungsausgleich bei der Scheidung ergeben.

Alles in allem

Der Eintritt ins Rentenalter verändert vieles. Die Rente hat erhebliche Auswirkungen auf Ihre Unterhaltspflichten. Um Ihre Unterhaltspflicht neu zu bemessen oder neu zu justieren, können Sie wie schon eingangs erwähnt, über unser bequemes Online-Unterhaltsformular sofort Ihre Unterhaltsberechnung bei uns beantragen. Sie verpflichten sich durch Eingabe und Abversand des Formulars noch zu keiner Zahlung – wir rufen Sie zuerst an und übermitteln Ihnen einen Kostenvorschlag. Sehr gerne erwarten wir Ihre Nachricht oder anderweitige Kontaktaufnahme.

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